Diversifikation zur Risikominimierung in Portfolios

Es war im Jahre 1952, als im Journal of Finance der Artikel „Portfolio Selection“ von Harry M. Markowitz veröffentlicht wurde. Der Artikel widmete sich damals erstmals dem Gedanken, mit Hilfe von mathematischen Berechnungen einzelne Wertpapiere zu Portfolios zusammen zu stellen, um dadurch das Risiko zu minimieren.

Es hat allerdings noch lange Jahre gedauert, bis diese Theorie ihren Siegeszug beginnen konnte. Erst im Jahre 1990, als Harry M. Markowitz zusammen mit seinen Schülern William Sharpe und Merton Miller den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten hatte, gelang der Portfoliotheorie der Durchbruch.

Doch was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus seiner Arbeit:

  • Das Risiko aus verschiedenen Anlagen ist immer kleiner oder maximal gleich dem verhältnismäßig gewichteten Risiko, das die einzelnen Anlagen alleine betrachtet haben.
  • Wird in einem Land oder in gleichgerichteten Anlageobjekten investiert, wird keine Risikominimierung erreicht.
  • Naive, also planlose Diversifikation ist zwar besser als gar keine, doch kann dadurch keine wirkliche Anlageoptimierung erfolgen
  • Das größte Potential der Diversifikation erreicht man, wenn die Erträge der verschiedenen Investitionen divergierend sind

Doch wodurch entsteht eigentlich die Risikoeinschätzung einer Anlage? Heute gilt die Definition: Das Risiko ist die als Standardabweichung (Varianz) gemessene Schwankungsbreite von Erträgen um ihren Erwartungswert. Das bedeutet, dass eine Anlage, deren mögliche Ergebnisse nur wenig schwanken, unriskanter ist als eine Anlage, deren mögliche Ergebnisse sich in einer großen Bandbreite bewegen. Denn je höher die Standardabweichung (Varianz) einer Anlage ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit (bei gleichem Erwartungswert), dass das erzielte Ergebnis schlechter ausfällt oder auch das ein höherer Verlust entstehen kann.

„Vertraue nicht all Deine Waren einem einzigen Schiff an“ sagte schon Erasmus. Im Mittelalter schlossen sich mehrer Kaufleute in der Handelsschifffahrt zusammen um die wirtschaftlichen Erfolge nicht von dem Gelingen einer einzelnen Handelsexpedition abhängig zu machen und auch Versicherungen basieren auf dem gleichen Prinzip der Risikostreuung. Denn eine Versicherung funktioniert nur, wenn die resultierenden Risiken nicht vollständig abhängig voneinander sind.

Die oben schon angesprochene „naive Diversifikation“ folgt dem Gesetz der großen Zahl. Kurz gesagt bedeutet dies, das ein Anleger sein Kapital gleichmäßig aufteilt und in verschiedengerichtete Anlagen gleichzeitig investiert. Diese planlose, gleichmäßige Streuung des Kapitals senkt das Risiko des Portfolios nach der Anzahl der Anlagen. Bei 2 Anlagen beträgt sein Risiko nur  noch 70 %, bei vier 50 % und bei 16 Anlagen nur noch etwas 25 % des Risikos einer einzelnen Anlage. Damit das aber nicht nur mathematisch sondern auch tatsächlich funktioniert setzt es voraus, dass die Risiken voneinander absolut unabhängig sind. Bei der Geldanlage findet man allerdings keine strenge Gültigkeit hierzu und folglich ist die naive Diversifikation nicht der geeignete Weg.

Die gezielte Diversifikation erlaubt hingegen eine wirkliche Risikominimierung. Durch gezielte Wahl des richtigen Mischungsverhältnisses schon zweier riskanter Anlagen kann das gesamte Risiko geradezu eliminiert werden. Der Schlüssel liegt darin, dass die Erträge möglichst vollkommen gegenläufig verlaufen müssen. Der Fachmann spricht von der Korrelation (= statistisches Maß für die Abhängigkeit zweier Anlagen). Das Ausmaß dieser Abhängigkeit wird mit dem sogenannte Korrelationskoeffizienten bemessen. Dieser kann Werte zwischen –1 und 1 annehmen. –1 bedeutet, dass die zwei Anlagen vollkommen gegenläufig sind, 1 bedeutet dagegen eine vollkommen positive Abhängigkeit.
Markowitz zeigte auf, dass die Korrelation zwischen zwei Anlagen durch gezielte Diversifikation bestimmt werden kann. Je niedriger die Korrelation zwischen den einzelnen Anlagen, desto mehr Risiko kann durch die Portfoliobildung eliminiert werden.

Wie können wir dieses Wissen nun anwenden? Die weltweiten, aber auch die europäischen Aktienmärkte bieten eine Vielzahl von Anlagen, die für sich betrachtet gegenläufig verlaufen. Die wirtschaftliche Entwicklung in Europa ist eher vorauszusehen als die weltweite Entwicklung, die Korrelation einzelner Werte so eher zu definieren. Was allerdings nicht heißt, dass außereuropäische Werte nicht beachtet werden sollten. Bestimmte Diversifikationen sind nur durch die weltweiten Märkte erreichbar.
Natürlich gehört zur Diversifikation auch die Korrelation zwischen den verschiedenen Anlageklassen.

Fazit: Diversifikation, also die Streuung des Kapitals auf diverse Anlagen führt nachhaltig zur Senkung des Risikos des Portfolios. Je gegenläufiger die einzelnen Anlagen untereinander sind, desto mehr Risiko kann durch die gezielte Zusammensetzung des Portfolios minimiert werden. Gezielte Diversifikation zwischen verschiedenen Anlagemärkten, Werten und Anlageklassen bietet ein hohes Potenzial zur Risikosenkung und die Erwirtschaftung von hohen, vergleichsweise stabilen Erträgen.

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